Ignorieren Sie die Antennenbuchse!
Barbara Perfahl: Ein Zuhause für die Seele. In 5 Schritten zum Wohlfühl-Zuhause. Verlag Kreuz, 2015.
„Helfen Sie traurigen Häusern?“ wurde Barbara Perfahl schon gefragt, wenn Sie auf ihren Beruf angesprochen wird – Dr. Barbara Perfahl ist nämlich ihres Zeichens Wohnpsychologin. Und als solche berät sie nicht „traurige Häuser“, sondern Menschen, die in ihrem Wohnumfeld traurig, also unzufrieden, unsicher sind. Die sich (neu) einrichten wollen. Die sich dafür interessieren, wie Räume wirken, aber auch, wie wir Räume gestalten können. Zu diesem Thema hat sie nun ein Buch geschrieben: „Ein Zuhause für die Seele“.
Es hat eine Zeit gedauert, bis ich mit diesem Buch durch war. Immerhin war ich höchst aktiv und habe viele der Tipps und Anregungen ausprobiert. Das in erfrischenden Farben leuchtende Buch ist nämlich in drei große Abschnitte unterteilt: 1. Die Psychologie des Wohnens, 2. Was lässt uns glücklich wohnen? – Einflüsse auf die Wohnzufriedenheit und 3. der Praxisteil… wie der Titel schon sagt: in fünf Schritten zum Wohlfühlzuhause. Hier geht`s ans Eingemachte.
In den ersten beiden Teilen wird einiges an Hintergrundwissen vermittelt – auf eine spannende und gut lesbare Weise (diese Abschnitte habe ich gleich einmal regelrecht verschlungen). Die Vorstellung, dass unser Wohnumfeld quasi unsere „dritte Haut“ ist. Da gibt es unsere Körperhaut, drumherum unsere Kleidung und die nächste „Hülle“ ist schon unsere Wohn- bzw. Arbeitsumgebung – in der wir einen großen Teil (bis zu 90 Prozent!) unseres Lebens verbringen. Interessanter Gedanke (und: ich sollte wieder mehr in die Natur raus!).
Dass Räume auf uns wirken, ist eigentlich nachvollziehbar. Unser Umfeld hat tatsächlich eine (nicht zu unterschätzende) Wirkung auf uns. Wir nehmen unsere Umwelt schließlich jeden Moment durch unsere Sinne wahr. Ob bewusst oder unbewusst. Und unser Umfeld nimmt permanent Einfluss auf unsere Gedanken und Gefühle, auf unser Empfinden und Wohlbefinden.
Umgekehrt gestalten wir unsere Umwelt ständig. Wir bauen, schaffen, verändern, versuchen sie an unsere Bedürfnisse und Wünsche anzupassen.
„Die psychologische Forschung beschäftigt sich seit ihren Anfängen mit der Wahrnehmung von Farben, Formen, Licht und Materialien und deren Einfluss auf den Menschen. Einrichter und Innenarchitekten orientieren sich an diesen wahrnehmungspsychologischen Erkenntnissen“, sagt Barbara Perfahl.
Irgendwann in den 1960er Jahren hat die Architekturpsychologie angefangen sich mit der Beziehung zwischen Mensch und gebauter Umwelt zu befassen. Einige Jahre später hat sich daraus die Wohnpsychologie entwickelt, die erstmals Wohnzufriedenheit und die Einstellung zur Wohnumgebung untersuchte und eigene Testverfahren dafür entwickelte. Letztlich geht es hierbei vor allem um die bestmögliche Gestaltung von Wohngebäuden, aber auch Büros, Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten etc.
Im Buch wird der Unterschied erklärt zu klassischer Wohn- und Einrichtungsberatung und zum mittlerweile allseits bekannten Feng Shui, der aus China stammenden Philosophie bzw. Kunst „vom Leben in Harmonie mit der Umgebung“.
„Die Wohnpsychologie beschäftigt sich mit dem Einfluss, den Räume auf uns haben, und der Frage, wie wir Räume so gestalten können, dass die Bewohner oder Nutzer dieser Räume sich darin möglichst wohlfühlen. Dabei geht sie immer vom Menschen und seinen Bedürfnissen aus“ – meint Barbara Perfahl in ihren Buch.
Räume können, wenn sie „schlecht sitzen“ unsere Stimmung verschlechtern oder schlicht Stress erzeugen. Manche Räume sind Energieräuber, saugen Kraft aus, nehmen Einfluss auf unsere Gesundheit. Roger Ulrich hat in seiner „Krankenhausstudie“ 1984 festgestellt, dass Patienten, die in ihrem Zimmer in einen grünen Park schauen können, schneller gesund werden und weniger Medikamente brauchen als solche, die keine Natur, sondern bloß andere Häuser im Ausblick hatten. Räume lassen uns emotional und körperlich reagieren. Umso wichtiger also, sich mit diesen Einflüssen auseinanderzusetzen und unsere Wohn- und Arbeitsumgebung so zu gestalten, dass wir uns wohlfühlen können.
Ich habe mich also über den Praxisteil hergemacht. Hier darf man aktiv werden und für sich selbst abklären: Wie wohne ich jetzt? Also eine sachlich-neutrale Ist-Analyse zum derzeitigen Wohnzustand. Nächster Schritt: Was gefällt mir, was will ich verändern? Was liegt mir länger schon im Magen, passt nicht, schreit nach Veränderung? Ich entdecke, dass ich im Laufe der Zeit doch schon einiges geändert habe, immer wieder nachjustiere… dass aber ein, zwei größere Projekte noch in der Warteschleife hängen. Ich spüre meiner Wohngeschichte von klein auf nach (da gibt es wenig Erinnerungen), ich konkretisiere meine Wohnleitbilder: was gefällt mir, was beeindruckt mich bei anderen, was ist mein persönlicher „Wohntraum“?
Anschließend geht es darum, meine Wohnbedürfnisse aus den bisherigen Ergebnissen (die auch fein säuberlich im Buch festgehalten wurden) zu definieren. In einem Zwischenstopp helfen zusammenfassende Wohnfragen, die ebenfalls im Buch notiert werden können.
Der letzte Teil im Praxiskapitel gibt grundlegende, sozusagen Basistipps: Ausmisten, Loslassen, entrümpeln. Auf ausreichend Licht achten. Die Funktion von Räumen hinterfragen. Raumzonen schaffen. Den Raum nicht automatisch um die Antennenbuchse herum gestalten, sondern vielmehr diese in die eigene Bedürfniswelt einpassen. Ausprobieren, experimentieren, umstellen. Die Bedeutung von Kleinigkeiten, von schönen Dingen nicht unterschätzen.
„Glückliches Wohnen beginnt zwar bei der Auseinandersetzung mit sich selbst – es bedeutet aber auch, sich aufzumachen und Dinge zu verändern“, gibt Barbara Perfahl am Ende noch einen Schubs dazu, das eigene Leben (zumindest wohntechnisch) in die Hand zu nehmen und selber zu gestalten.