unterwegs

Saludos de Tenerife

(Veröffentlicht in: Klipp, Sept. 2015)

 

„Ziegenkäse in allen Variationen, frisch, gereift, geräuchert, gegrillt, das ist hier eine der vielen Spezialitäten“, erklärt mir Heinz-Dieter Hüneke beim Frühstück, während er genussvoll ein Stück gegrillten Ziegenkäse verspeist. Der gebürtige Norddeutsche hat 1980 das Hotel Playa sur Tenerife übernommen, dem Haus einen komplett neuen Anstrich verpasst, eine persönliche, individuelle Note verliehen und vor allem: auf einen naturnahen, ursprünglichen maurischen Stil gesetzt. Mit Erfolg, wie sich zeigt.

Seit einigen Tagen bereits bin ich hier auf Teneriffa, dieser knapp 2000 km2 großen Insel, der größten der Kanarischen Inseln. Ein Zufall hat mich hierher geführt – ein Zufall, dem ich sehr dankbar bin. Denn es ist Urlaubsfeeling pur, das sich hier erleben lässt. Das gemütliche Hotel im landestypischen Stil, das sich jeglichen übertriebenen touristischen Superlativen entzieht, liegt direkt am Strand beim kleinen Ort El Medano, ganz im Süden von Teneriffa. Das Publikum ist international, die Gäste kommen aus aller Welt, viele davon Stammgäste. Und das 365 Tage im Jahr – Teneriffa ist schließlich ganzjährig ein begehrtes Urlaubsziel.

Das Haus ist wahre Oase der Ruhe, viel Grün, liebevoll angelegte Gärten, helle, freundliche Zimmer mit Pinienholzmöbeln, ein herrlicher Meerwasser Pool und eine Poolbar, an der man Gefahr läuft, hängen zu bleiben und den ganzen Tag träge vor sich hin zu träumen, köstliche Tapas zu probieren, in Büchern zu versinken und endlos an sämigen Fruchtsäften oder Cappuccinos zu nippen. So kann Erholung sein…

Aber: das Meer ruft! Durch eine unauffällige kleine, grüne Ausgangstür verlässt man die heimelige Poolbeschaulichkeit und ist sogleich am öffentlichen Strand – feiner, dunkler Sand, durchwoben von kleineren Felsformationen, Lava- und Tuffsteingeröll. Das Meer ist meist wild bewegt. Die Wellen schäumen in riesigen Brechern heran, Wellenhüpfen und Wellenreiten sind hier angesagte Freizeitvergnügungen. Und: Surfen und Kiten! Hier kommen die weltbesten Surfer und Kiter zusammen, weil es Wind und Wellen gibt wie kaum sonst wo – nicht umsonst finden hier auch jährlich die Worldchampionship im Windsurfen und Kiten statt. Ein Teil des Strandes ist demzufolge auch diesen Sportlern vorbehalten, die sich in wahrer Kunstfertigkeit ins Wasser stürzen, Wellen bezwingen und manchmal sogar durch die Lüfte tanzen. Es macht Spaß ihnen zuzuschauen. Ebenso wie es Spaß macht, einfach irgendwo auf einem kleinen Felsen zu sitzen und auf einen endlosen Ozean zu schauen. Die Weite, das wilde Schäumen, der Rhythmus der Wellen und der Wind auf der Haut lassen einen ganz schnell in meditationsartige Zustände geraten. Denken und Tun verflüchtigen sich, man verliert sich rasch im reinen Sein.

 

Von allem und für jeden etwas

Das Klima hier wird als eines der weltbesten bezeichnet. Nicht zu Unrecht:  Im März, April sowie im Juli, August herrschen heftigere Winde vor, ein Paradies für Surfer und Kiter, die Durchschnittstemperatur steigt damit aber auch im Sommer selten über 28 Grad. Dazwischen liegen Monate mit wenig Wind, die eher die reinen Badeurlauber anziehen und auch im Winter sinken die Temperaturen kaum unter 17 Grad. Damit ist die Insel für Badehungrige, Sportler, Wanderlustige, Golfer, Naturliebhaber oder einfach Erholungssuchende quasi ganzjährig geöffnet. Und schließlich: hier kommen alle Altersklassen auf ihre Kosten. Dass dieses Klima lebensverlängernd wirken soll, hat übrigens auch Heinz-Dieter Hüneke glaubhaft versichert.

Sieben Vulkaninseln (Fuerteventura, Gran Canaria, Lanzarote, La Palma, La Gomera, El Hierro) plus ein paar kleinere, zumeist unbewohnte Inseln zählen zu den Kanarischen Inseln. Teneriffa ist davon sicher die vielfältigste, abwechslungsreichste. Grob lassen sich zwei verschiedene Landschaftszonen unterscheiden: Ein trockener, karger, wüstenhafter Süden und ein feuchterer, fruchtbarer, immergrüner Norden. Geboten wird für jeden Geschmack etwas: Wilde Gebirgszüge, Schluchten, Täler, üppige grüne Landschaften, subtropischer Regenwald, Baumheide-, Kiefer- und Lorbeerwälder. Neben Bananenplantagen werden Gemüse, Kartoffeln, Wein angebaut. Steilküsten wechseln mit flachen Küstenzonen, die wiederum mit schwarzen oder hellen Sandstränden aufwarten.

Inmitten der Insel thront von weithin sichtbar der Teide, ein gewaltiger Vulkankegel, der mit 3718 Metern als höchster Berg Spaniens gilt. Das Straßennetz ist gut ausgebaut – wer möchte kann die Insel mit ihren knapp 180 Straßenkilometern einmal umrunden. Und dabei die Hauptorte Santa Cruz und La Laguna kennenlernen. Santa Cruz ist eine moderne Einkaufsstadt mit autofreien Zonen, in denen sich Geschäfte, Bars, Restaurants, Cafés aneinanderreihen. Die Altstadt von La Laguna wurde von der UNESCO 1999 zum Weltkulturerbe erklärt.

Es gäbe also genug zum Erkunden auf dieser Insel – allein, Hotel, Pool und der endlose Strand vor der Haustür sind für meine erholungssuchende Seele vollkommen ausreichend.

Wer nicht so sehr auf zehnstöckige Touristenbetonbunker mit rund-um-die-Uhr-Animation steht, sondern das Ruhige, Persönliche schätzt, der wird hier glücklich werden. Eine Woche jedoch ist schlicht und einfach zu kurz. Ich verzichte also auf Ausflüge und erkunde lediglich die allernächste Umgebung.

Von meinem Balkon aus sehe ich den wilden Atlantik mit seinem Naturstrand, vor mir erhebt sich der Montana Roja, ein kleinen Vulkanberg, rostrot eingefärbt von oxidierten Eisenpartikeln. Er liegt inmitten eines Naturschutzgebietes, in dem sich auch die einzige Dünenlandschaft der westlichen Kanaren befindet. Eine bizarre, karge Landschaft mit einem winzigen Meerwassersee, der unerwartet zwischen den Dünen auftaucht – Heimat und Rückzugsort für mehr als 100 Pflanzenarten und viele Tiere, die sich an Wind und Wetter angepasst haben. Und beliebt bei Joggern, Spaziergängern, Müßiggängern…

Strand und Promenade Richtung El Medano sind sauber und gepflegt und bestens ausgestattet mit Sonnenschirmen, Liegen, Duschen, Umkleidemöglichkeiten, Mülleimern, Bänken. Man merkt, hier wird viel Wert gelegt hier auf eine saubere, intakte Natur. El Medano ist ein kleiner Touristenort voller Restaurants, Bars, Cafés, kleiner Geschäfte mit

Kleidung, Bade- und Sportartikeln aller Art, Schmuck, Kunsthandwerk. Eine Informationstafel, wie sie hier allerorts zu finden sind, klärt mich auf, dass sogar Ferdinand Magellan 1519 auf Teneriffa anlegte, bevor er seine Weltumsegelung fortsetzte.

Und so verbringe ich meine Tage zwischen Poolbar, Strand und Bummeln durch Ort oder Dünen. Viel zu schnell ist die Zeit vorüber und eine Woche später sitze ich schon wieder im Flieger, ein bisschen wehmütig, aber zumindest weiß ich gewiss: es war nicht das letzte Mal, ich komme wieder, keine Frage!